Startwoche 2021: Francesca Bria – "We need a Digital New Deal"

12.10.2021 Die diesjährige Startwoche lädt die 1400 Erstsemesterstudierenden dazu ein, unter dem Thema „New Deal“ die Weltgesellschaft von morgen auszuloten. Für die erste Keynote war Francesca Bria, Expertin für digitale Strategien und Informationspolitik, via Livestream zu Gast. Mit Schlagwörtern wie ‚Big Democracy’ und ‚Digitale Souveränität’ lieferte sie Denkanstöße für einen „Digital New Deal“.

Prof. Dr. Hannah Trittin, Gast Francesca Bria ©© Leuphana/Jannik Sander
„We have to put people first and use technology to serve a greater good!“, appelliert Francesca Bria in der ersten Keynote der Startwoche. Moderiert wurde das Gespräch von Prof. Dr. Hannah Trittin und Prof. Dr. Daniel Lang.

Die Corona-Pandemie hat für eine Verstärkung multipler Krisen gesorgt und die Gesellschaft vor zahlreiche Herausforderungen gestellt. Gerade im Kontext der Digitalisierung ist es mit Home Schooling, Digitaler Lehre und Mobilem Arbeiten zu einer umfassenden Transformation des Status Quo gekommen. „Post-pandemic times are perfect to talk about the urge for a New Deal. Crisis can feed imagination”, sagt die Digitalexpertin Francesca Bria. Ihre Vision eines New Deals ist ein konstruktiver und positiver Blick in eine digitale Zukunft – sie argumentiert für einen neuen Gesellschaftsvertrag, der den Menschen an erste Stelle stellt.

Aktuell sieht die Realität jedoch noch anders aus: Die digitale Infrastruktur ist in den Händen einiger weniger großer IT-Unternehmen, die über ein Datenmonopol verfügen und – weitgehend ohne dabei reguliert zu werden – Profit aus diesen Daten schlagen. Die entsprechenden Firmen kommen dabei vor allem aus den sogenannten „Big States“ USA und China und sichern deren Vormachtstellung als Digital Innovators. Francesca Bria fordert deshalb stärkere Vorschriften und die Regulierung des digitalen Marktes, beispielsweise durch Steuern. Nur zu reglementieren reiche jedoch nicht aus: „The Challenge for Europe is not just to regulate, to be dependent on the Big States, but to actively take part in our digital future.”

Die Vision einer alternativen digitalen Zukunft beschreibt Francesca Bria als „Big Democracy“. In dieser Demokratie ist der Staat verantwortlich für den Schutz persönlicher Daten als fundamentales Recht der Bürger*innen. Um dies zu gewährleisten, müssen die Daten zurück an die Menschen gegeben werden: „We have to give back the value and the data back to society, to the people that create value in the first place“, sagt Bria. Damit Europa digitale Souveränität erreichen kann, sei daher eine komplexe Neuausrichtung der industriellen und ökonomischen Strategie notwendig.

Unter digitaler Souveränität versteht Francesca Bria „the right of society to set the direction of the digital progress for the people and the environment”. Bürger*innen sollen selbst darüber entscheiden können, was mit ihren Daten passiert – welche Daten sie preisgeben wollen und mit wem sie diese teilen. Basierend auf demokratischen Idealen sind in der „Data Democracy“, wie Francesca Bria sie nennt, die Leitmotive Transparenz und Partizipation: „The citizens should be in control of their data. They should be able to participate.“

Auch Bildung spielt eine wichtige Rolle dabei, digitale Souveränität zu erlangen: „We need an interdisciplinary approach to understand the implications of technology. Not only is it important to teach how to code, but as important to have critical thinking.” Hierzulande ist das kritische Bewusstsein für den Umgang mit und den Schutz von personenbezogenen Daten bereits weit verbreitet. Deutschland könnte deshalb bei einer nachhaltigen und demokratischen Digitalisierung eine Vorreiterrolle einnehmen, wie Bria betont. Zum Schluss appelliert sie: „We have to put people first and use technology to serve a greater good!“

In den nächsten Tagen werden weitere spannende Gäste bei der Startwoche zu Gast sein. Darunter Claudia Kemfert, Honorarprofessorin an der Leuphana und Leiterin des Bereichs Energie, Transport und Umwelt beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung; Helmut Walser Smith, US-amerikanischer Historiker; Grace Blakely, Englischer Wirtschafts- und Politik Berater und Konstantin Kuhle, Bundestagsabgeordneter und innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.