Leuphana Konferenzwoche 2025: „Krieg ist ein Versagen der Menschheit“
25.03.2025 Als Leiter des Planungs- und Führungsstabs des Bundesministers für Verteidigung steht Generalmajor Christian Freuding im Zentrum der strategischen und operativen Entwicklung der Bundeswehr. Bei der Konferenzwoche hatten Erstsemester-Studierende die Gelegenheit mit dem Militär-Experten über die Sicherheitsarchitektur Europas und Zeitenwende zu sprechen.

Kaum woanders wird der Konflikt zwischen liberalen und autoritären Gesellschaftsordnungen so deutlich wie beim Ukraine-Krieg. Wie intensiv sich die Studierenden damit auseinandersetzen, zeigte die offene Fragerunde. Die 90 Minuten scheinen fast zu knapp zu sein. Im wieder heben sich Hände im Hörsaal. Rund 1500 Erstsemester-Studierende schließen mit der Konferenzwoche ihr gemeinsames Leuphana Semester am College ab. Viele nutzten die Chance, mit dem engen Berater von Boris Pistorius in direkten Dialog über Ursachen, Lage und mögliche Entwicklungen insbesondere des Kriegs in der Ukraine zu treten. Generalmajor des Heeres Christian Freuding gilt in Deutschland als einer der hochrangigsten Gesprächspartner zu dem militärischen Konflikt und ist zugleich Leiter des „Lagezentrum Ukraine“ im Verteidigungsministerium.
Eine Studierende möchte wissen, wie er über die Wiedereinführung der Wehrpflicht denkt: „Vor 15 Jahren beschlossen wir, sie nicht mehr zu brauchen aus sicherheitspolitischen und gesellschaftspolitischen Gründen. Ich glaube, eine demokratische Gesellschaft muss die Kraft haben, Entscheidungen - auch wenn sie damals richtig waren - zu überdenken, wenn sich die Zeiten ändern. Was ist der Zweck des Staates? Das sichere Leben in Freiheit ist der Kernzweck“, antwortete der Generalmajor.
Weitere Fragen thematisierten etwa eine mögliche Stationierung von NATO-Truppen nach Kriegsende, die Bedrohungslage durch Russland oder die Cybersicherheit in Europa: „Ein wichtiger Punkt. Wir denken immer noch zu sehr in den Kategorien „Krieg“ oder „Frieden“. Ich glaube nicht, dass wir im Krieg mit Russland sind, aber wir sind auch nicht im Frieden“, urteilte Freuding.
Im Gespräch mit Moderator und Leuphana-Studenten Lukas Dalpke betonte er die Bedeutung der USA für die Sicherheitsarchitektur Europas: „Sicherheit für Europa kann man nur transatlantisch denken und zwar von beiden Seiten aus. Die Vereinigten Staaten müssen Interesse an einer Friedensordnung in Europa haben“, so der Militärexperte. Dennoch glaubt er, dass Europa die Ukraine auch ohne Hilfe der USA unterstützen könnte: „Wenn der politische Wille da ist, geht es“, sagte Freuding und sprach von einem „Test der Generationen“.
Der Generalmajor berichtete von seinem jüngsten Besuch in der Ukraine. „Die Energieinfrastruktur hängt nur noch am seidenen Faden“, fasste er zusammen. Der Druck im Zentral-Donbass nehme Tag für Tag zu: „Wir müssen davon ausgehen, dass Pokrowsk fällt.“ Die Stadt gilt als logistischer Knotenpunkt: „Der Verlust könnte die Moral der Ukrainer beeinträchtigen“, sagte Christian Freuding und stellte unmissverständlich klar: „Krieg darf nicht sein. Es ist ein Versagen der Menschheit. Kein Soldat, der den Krieg erlebt hat, wird irgendetwas anderes sagen.“