Gute Reise = Grüne Reise?
Ökotourismus und authentische Alternativen
Von Nicola Junge
Anbieter von nachhaltigen Reisen sprießen aus dem Boden wie Pilze. Entsprechend unübersichtlich ist der Markt. Worum geht es hierbei? Was sind die Schwierigkeiten? Wie lässt sich umweltgerechtes Reisen realisieren? Und macht das überhaupt noch Spaß? Diese und weitere Fragen beleuchtet die dreitätige Serie – und gibt Beispiele von Leuten, die es versucht haben.
Eine Google-Suchanfrage mit dem Begriff „nachhaltiges Reisen“ liefert 1.520.000 Ergebnisse. Anscheinend sind viele Reiseanbieter und Internetportale auf den Nachhaltigkeits-Zug aufgesprungen und bieten nun faire, ökologische, klimaschonende, nachhaltige Reisen an, die meisten „nur“ einen Langstreckenflug von Deutschland entfernt. Bereits hier beißt sich die Katze aber selbst in den Schwanz, denn eine Flugreise von London nach New York verursacht einen größeren CO2-Fußabdruck als ein Durchschnittsbürger im Jahr produziert. Die große Flughöhe macht die Emission sogar noch schädlicher als vergleichbare Mengen am Boden und erwärmt das Klima bis zu bis zu viermal so stark. Doch muss das heißen „nie wieder reisen“? Nein! Denn zum Glück gibt es diverse Alternativen.
Für alle, die nicht unbedingt in die Ferne müssen, wäre da zum Beispiel der Urlaub in der Heimat. Langweilig? Eine Fahrradtour über die Alpen klingt doch eigentlich eher cool! Fünf Freunde, Fünf Räder, Anreise mit der Bahn, Unterkunft in Hütten des Deutschen Alpenvereins, hohe Berge, Abenteuer. Wer es entspannter mag, für den ist vielleicht Badeurlaub auf Juist das passende. Die autofreie Insel in der Nordsee ist eigentlich eine riesige Sandbank, bietet von allen Ostfriesischen Inseln die meisten Sonnentage im Jahr und will bis 2030 klimaneutral werden.
Doch wenn der Urlaub außerhalb Deutschlands stattfinden soll, wird es kniffelig. Innerhalb Europas kommt man noch per Mitfahrzentralen voran, das wird allerdings schon zeitaufwändiger und komplizierter. Die Bahn bietet alternativ den InterRail One Country Pass oder den Global Pass für 30 europäische Länder. Nur dauert das länger und wird im Zweifel teurer als ein Flug mit Ryanair oder Easyjet. Und Langstreckenreisen in spannende, exotische Länder wären ohne Flüge erst recht passé. Doch hiervon rät selbst der WWF Fernwehmütigen nicht kategorisch ab, denn sonst würde Tourismus als Haupteinnahmequelle vieler ärmerer Länder wegfallen. Atmosfair bietet Beruhigung für das schlechte Gewissen und die Ausgleich für die emissionsbedingten Umweltschäden: Über den Flugrechner der Non-Profit-Organisation kann die Treibhausgasemission der Reise errechnet und eine Kompensationszahlung getätigt werden, die Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern zugute kommt.
Und vor Ort? Auch hier gibt es alternative Fortbewegungsmittel und Übernachtungsmöglichkeiten. Ob in China, Peru oder Nigeria, statt mit dem Taxi kommt man mit dem „local bus“ ebenso ans Ziel – zwar mit etwas mehr Planung, aber dafür umso interessanter und im Zweifel sicherer, denn die locals überfällt ja kaum einer. Und anstatt des Hotels bietet sich als kostengünstige Alternative couchsurfing an. Gut organisiert über die zentrale Webseite, finden Couch-Suchende über die persönlichen Profile private Unterkünfte. Ob Fußboden, Matratze, Schlafsofa oder Bett, irgendwas findet sich immer. Vorteile: Die Profil-Bewertungen dienen als Sicherheit. Die Ortskundigen geben zudem gerne Tipps zu Stadt, Weggehen, Events oder Weiterreise und verlangen kein Geld. Ein kleines Gastgeschenk oder ein zubereitetes Essen versteht sich natürlich von selbst – und so ist diese Art zu reisen nicht nur günstig, sondern auch gesellig. Das Plus für die Umwelt: Kaum gesteigerte Energiekosten.
Wer es etwas komfortabler mag, der findet auf airbnb sicher das richtige. Die Webseite vermittelt alles, vom Sofa bis zum Haus, von privat an privat, ob in Hong Kong, Jaipur oder Montevideo. Die Bezahlung erfolgt automatisch bei Schlüsselübergabe, 100 Prozent sicher und ebenfalls mit Ortskundigen-Bonus. In warmen Ländern und in der Natur ist natürlich Zelten umweltverträglicher und günstiger. Auch die kleine Hütte am Strand oder in den Bergen hat immer eine bessere Umweltbilanz als ein Haus.
Varianten des nachhaltigen Reisens gibt es also viele. Ob dabei ein Reiseanbieter nötig ist, lässt sich hinterfragen. Wer seinen gesunden Menschenverstand benutzt, also Bettenburgen meidet, seinen Müll nicht in der Natur zurücklässt und vielleicht noch eine Emissions-Kompensation zahlt, der praktiziert vielleicht schon eine Version des umweltbewussten Urlaubs. Für alle, die noch ein wenig Inspiration wollen, erscheinen morgen und übermorgen Reiseberichte authentischer umweltgerechter Reisen mit Abenteuerfaktor.
Flugrechner: http://www.atmosfair.de/projekt2/flugrechner/
Webseite: www.couchsurfing.com
Airbnb: www.airbnb.com