Nepal verfügt über einen wunderbaren Schatz!
Nicola Junge
Die Bremer Strick-Designer Cordula Bünger und Udo Kieckhefen stellen in Nepal nachhaltig gefertigte Strickmode mit Designanspruch her.
Konferenzgezwitscher: Cordula,ihr lebt und arbeitet in Bremen, habt über 30 Jahre Erfahrung im Strick-Design und stellt in eurer Manufaktur auch Einzelstücke her. Wie kamt ihr zum Projekt nittinx.com in Nepal?
Cordula B.: Aus Zufall! Es war schon immer mein Traum, Strick und Reisen zu verbinden. 2012 hat uns ein Nepalesischer Freund in eine Strickfabrik in Kathmandu mitgenommen. Als ich gesehen habe, dass die dieselben Handstrickmaschinen verwenden wie wir, aber nur Hippie-Strick produzieren, habe ich gedacht: „Wenn ich denen zeigen könnte, was man damit für tolle Sachen machen kann, dann wäre das einfach großartig!“
Konferenzgezwitscher: Und wie ging es dann weiter?
Cordula B.: Die Fabrikleitung hat uns zu einem Treffen eingeladen, für das ich vier Designs entworfen habe. Wenig später haben sie uns eine kleine Werkstatt eingerichtet, in der wir dann zusammen mit den Arbeitern wochenlang Muster und Schnitte entwickelt haben. Jetzt steht eine Kollektion mit 15 Jacken in den Größen XS bis XL.
Konferenzgezwitscher: Was ist der Unterschied zwischen euren Jacken und Massen-Strick?
Cordula B.: Große Firmen suchen nie Kontakt zu den Arbeitern und interessieren sich nicht für Produktionsprobleme, nur für einen niedrigen Einkaufspreis. Wir dagegen arbeiten direkt mit den Strickern zusammen, begegnen ihnen auf Augenhöhe und beziehen sie in die Entwicklung mit ein. Das tut sonst niemand.
Konferenzgezwitscher: Was gewinnen die Arbeiter dadurch?
Cordula B.: Wir haben die Arbeiter geschult und weitergebildet, ich habe ihnen Tricks gezeigt, um mit den Handstrick-Apparaten schneller und effektiver Muster herzustellen, die mit der Hand unheimlich lange dauern. Damit sind sie jetzt besser qualifiziert und erhalten entsprechend höhere Löhne.
Konferenzgezwitscher: Wäre es da nicht besser, auf maschinelle Produktion zu wechseln?
Cordula B.: Im Gegenteil. Die Strickerei spielt ja traditionell eine große Rolle in Nepal. Dadurch sind die Handstrickkenntnisse weit verbreitet. Aber Nepal ist ein armes Land. Selbst in Kathmandu fällt jeden Tag stundenlang der Strom aus. Dann müssen für Industriemaschinen Generatoren angeschmissen werden, die circa 15 Liter Diesel pro Stunde verbrauchen, was etwa 15 Euro kostet. Da ist ein Monatsgehalt von 200 Euro in drei bis vier Tagen verbraucht. Hier haben die Handstrickmaschinen den großen Vorteil, dass sie keine Energie verbrauchen und deshalb überall einsetzbar sind.
Konferenzgezwitscher: Was waren die größten Probleme bisher?
Cordula B.: Im ersten Schritt war das, den Nepalesen ein Verständnis von Passformen und Designs zu vermitteln, die in Europa ankommen. Dort sind ja alle sehr klein. Im zweiten Schritt ganz klar der Vertrieb. Einen Importeur haben wir mittlerweile gefunden, jetzt hapert es am Einzelhandel. Das ist wirklich schwer, da rein zu kommen.
Konferenzgezwitscher: Habt ihr mal über einen Online-Shop nachgedacht?
Cordula B.: Das wäre toll, aber wir sind Designer und Handwerker, das ist für uns ein viel zu hoher Aufwand. Wenn sich allerdings jemand fände, der das übernehmen kann, wäre das natürlich großartig.
Konferenzgezwitscher: Was macht eure Strickware nachhaltig?
Cordula B.: Wir geben unser gesamtes dreißigjähriges Berufswissen an die Nepalesischen Kollegen weiter. Die verbesserte Qualifikation und damit höheren Löhne finde ich nachhaltig. Auch, dass die Maschinen keinen Strom verbrauchen. Zudem bestehen unsere Jacken aus 100 Prozent Naturfaser.
Konferenzgezwitscher: Welche Schwierigkeiten siehst du in der Etablierung von nachhaltiger Strick-Mode?
Cordula B.: Meistens liegt es nur am Preis. Alle wollen nachhaltig und fair produzierte Sachen haben, aber wenn es teurer ist dann eben doch nicht.
Konferenzgezwitscher: In welchem Preissegment bewegt ihr euch?
Cordula B.: Unsere Jacken kosten zwischen 150 und 190 Euro, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für die fairen Löhne und Dicke des Materials. Nur mit den Massen-Produkten der großen Firmen können wir natürlich nicht mithalten.
Konferenzgezwitscher: Wo ist eure Ware erhältlich?
Cordula B.: Noch gar nicht. Die Kollektion ist schon auf der Webseite www.nittinx.com zu sehen, aber die Erstproduktion erfolgt erst ab Mitte März. Bis dahin nehmen wir noch Bestellungen an. Jede einzelne hilft uns, das Projekt auf die Beine zu stellen.