Fünf psychologische Barrieren, die nachhaltiges Handeln verhindern
Ein Bericht von Mila Schachtschneider
Sleepwalking into the climate catastrophe? How Climate Psychology can help. Dieser Workshop der Klimapsychologin Janna Hoppmann deckt fünf psychologische Barrieren auf, die uns daran hindern, nachhaltig zu handeln und endlich „aufzuwachen”.

Die selbstständige Klimapsychologin Janna Hoppmann hat ein klares Ziel vor Augen: Theorie in Praxis umzuwandeln. Sie möchte Organisationen, Gruppen und Individuen dabei unterstützen, den Wandel hin zu einer faireren, neuen Welt mitzugestalten. Außerdem bietet Hoppmann Workshops und seit Neuestem sogar eLearning-Kurse an.
Eines ihrer wichtigsten Arbeitsprinzipien ist es, wirkungsorientiert statt gewinnorientiert zu sein. Die Theorie, die dieser Wirkung zugrunde liegt, erklärt sie in diesem Workshop.
Was ist eigentlich die Klimapsychologie?
Die Klimapsychologie ist ein Teil der Umweltpsychologie und setzt sich mit dem Schnittpunkt zwischen der Umwelt und dem Individuum auseinander. Janna Hoppmann zufolge gibt es nämlich Faktoren, die umweltfreundliches Verhalten beeinflussen. In ihrer Arbeit als Klimapsychologin beschäftigt sich Hoppmann damit, umweltfreundliches Verhalten, zu fördern. Viele Menschen wissen bereits, wie sie nachhaltig handeln können. Einige Menschen haben sogar schon gute Intentionen und Pläne dafür, doch wie viele Menschen handeln wirklich nachhaltig? Hoppmann deckt die Barrieren, die Menschen daran hindern, im Sinne des Klimaschutzes zu handeln, auf.
Die fünf psychologischen Barrieren
1. Psychologische Distanz
Die psychologische Distanz stellt die Frage „Wie weit ist der Klimawandel entfernt?”. Dabei unterscheidet man die Faktoren Geographie, Zeit und Soziales. Ein Beispiel für die Geographie, sagt Hoppmann, sind Eisbären. Sie leben so weit entfernt, dass es nicht greifbar sei, wie rasant das Eis am Nordpol schmilzt und inwieweit die Eisbären dadurch bedroht sind. Hoppmann erklärt, der Faktor Zeit könne beispielsweise das Ziel des Green New Deals im Jahre 2050 sein. Das Ziel sei so weit entfernt, dass es ebenfalls für viele kaum zu erfassen sei. Sie schieben die nachhaltigen Handlungsweisen vor sich her. Der dritte Faktor des Sozialen, lasse Menschen zum Beispiel sagen: „Die anderen Länder sind im Thema Nachhaltigkeit viel schlimmer als wir. Es ist ein ‘Arme-Länder-Problem’.”
2. Kognitive Dissonanz
Die kognitive Dissonanz beschreibt den Unterschied zwischen dem Wissen und dem Handeln einer Person. Betroffene ignorieren laut Hoppmann oft die Nachhaltigkeit oder wollen nicht darüber nachdenken, obwohl sie wissen wie wichtig nachhaltiges Handeln wäre. Außerdem streiten Menschen oft ihre Verantwortung ab oder kompensieren ihr negatives Verhalten, indem sie sagen „Ich bin vegan, dafür kann ich dann aber fliegen”. Andere denken wiederum, sie seien klimafreundlich, nur weil sie eine einzelne Sache gut machen, in anderen Aspekten jedoch überhaupt nicht umweltfreundlich sind.
3. Doomism
Doomism sei die Barriere, in der Menschen denken, alles sei so schlecht, dass es kaum noch Hoffnung gäbe, erklärt Hoppmann. Der Klimawandel rufe eher negativ konnotierte Emotionen wie Angst, Wut oder Trauer hervor, die nicht gerade aktivierend oder motivierend seien. Betroffene hören somit auf oder fangen gar nicht erst an, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, da sie diese negativen Emotionen nicht fühlen wollen.
4. Soziale Ablehnung
Die Frage, die hinter der sozialen Ablehnung steckt sei: „Was denken die Leute um mich herum über mein Verhalten?”. Janna Hoppman sagt: Menschen, die beispielsweise von konservativen Klimaleugner:innen umgeben seien, vertrauen diesen und holen sich ihre Informationen von ihnen. Infolgedessen leugnen sie den Klimawandel dann wahrscheinlich ebenfalls. Diese psychologische Barriere hinge somit mit der Identität einer Person zusammen und weniger mit ihrem Wissensstand.
5. Selbstwert
Die fünfte Barriere ist Hoppmanns “Lieblingsbarriere”. Es fasziniere sie, dass “alle Menschen im tiefsten Inneren gute Menschen sein wollen”. Ein guter Mensch zu sein stabilisiere unser Selbstwertgefühl und wir fühlen uns gut. Wird man allerdings mit Themen wie dem Klimawandel konfrontiert, erzeuge dies ein Gefühl von Scham und Frustration. Menschen benutzen folglich die Selbstschutzstrategie, Probleme von sich wegzuschieben, sie zu leugnen oder nicht darüber nachzudenken.
Die Bewältigung der fünf Barrieren
Um diese Barrieren zu bewältigen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Teilnehmer:innen des Workshops werden dazu aufgefordert, selber in Gruppen Lösungsansätze zu finden. Die fünfte Gruppe, die sich mit der fünften Barriere, dem Selbstwert, auseinander setzen soll, überlegt mit einem Belohnungssystem zu arbeiten. Beispielsweise könnten Menschen, die ein Jahr nicht geflogen sind, drei Tage frei bekommen und kostenlos in den Heidepark gehen. Dadurch fühlen sie sich gut, es stärkt ihren Selbstwert und sie können sich mit der Natur verbinden.
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