Es ist Zeit!

Ein Kommentar von Emma Eichblatt

Die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN, die Sustainable Development Goals (SDG) sollen bis 2030 umgesetzt werden. Eines dieser Ziele ist eine chancengleiche und hochwertige Bildung für alle. Davon ist man aber noch weit entfernt, es braucht also rasante Veränderungen, will man dieses Ziel in den kommenden acht Jahren irgendwie erreichen. Auch und besonders in Deutschland.

 

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Beim Zugang zu Bildung gibt es international riesige Unterschiede und es ist lange noch nicht gewährleistet, dass jedes Kind überhaupt einen Zugang zu Bildung hat.


„Wie können wir zu einer erfolgreichen Umsetzung des SDG 4 beitragen und tut die Bundesregierung genug oder sollte noch mehr getan werden?“. Mit diesen Fragen setzte sich am Donnerstagnachmittag das Seminarplenum „Es ist Zeit“ auseinander und es ist erstaunlich, dass man sich auch in Deutschland diese Frage immer noch stellen muss.

Das deutsche Schulsystem steht in ständiger Kritik. Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden die kritischen Stimmen noch lauter und trotzdem scheint es, als würde kaum etwas passieren.


Überfüllte Klassen, in denen sich Kinder nach Aufmerksamkeit sehnen

In den Klassen deutscher Regelschulen sitzen an die 30 Kinder. Lehrkräfte haben so kaum die Chance, eine angemessene Betreuung für jedes Kind zu bieten. Statt gemeinsam zu lernen und sich weiterzuentwickeln stehen zwischenmenschliche Probleme im Vordergrund, ausgelöst durch zu viele Kinder auf engem Raum, die sich wahrscheinlich nur wünschen, gesehen und in ihren Bedürfnissen wahrgenommen zu werden. Wie soll die von den Vereinten Nationen geforderte "chancengleiche und hochwertige" Bildung in Deutschland gelingen, wenn noch nicht einmal die Rahmenbedingungen stimmen, weil Ressourcen fehlen?


Vorurteile gegenüber Lehrkräften, die sich immer noch zu oft bestätigen

Hinzu kommt: Bis zu 155.000 Lehrkräfte werden, so die Befürchtungen, bis 2030 fehlen. Zusätzlich schweben über Lehrkräften immer noch stereotype Bilder  von Faulheit, Erteilung ungerechter Noten und altertümlicher Unterrichtsmethoden. Und hierbei handelt es sich noch um die netteren Erinnerungen aus der eigenen Schulzeit. Dass es natürlich mindestens genauso viele engagierte und motivierte Lehrkräfte gibt, fällt dabei oft hinten runter oder wird nicht weiter erwähnt.


Es bedarf Handlungen um das Bildungssystem anzupassen

Doch wie kann ein Ausweg aus diesem Dilemma gefunden werden? Hier müsste zunächst in der Lehrer*innenausbildung selbst angesetzt werden. Der Numerus Clausus zur Universitätszulassung liegt teilweise bei 1,3, ein Schnitt, den die wenigsten erreichen können oder wollen. Dabei sind Schulnoten nun wirklich kein Indikator dafür, wie gut man mit Kindern und Jugendlichen umgehen und ihnen Inhalte vermitteln kann. Es sollte an alternativen Zulassungsformen gearbeitet werden, die es motivierten und interessierten jungen Erwachsenen ermöglichen, Bildung im Sinne der SDG umzusetzen. Außerdem ist die Bezahlung von Lehrer*innen weit von dem entfernt, was sie dafür verdient haben, dass sie jeden Tag ihr Bestes geben wollen, um das Leben der Schüler*innen zu prägen.

Wie kann es beispielsweise sein, dass Grundschullehrer*innen immer noch weniger verdienen als die der weiterführenden Schulen? Oder dass nicht verbeamtete Lehrer*innen von ihrem Beruf wieder abspringen, weil sie für dieselbe Arbeit weniger verdienen als ihre verbeamteten Kolleg*innen? Das alles erweckt nicht annähernd den Eindruck, als würden wir in acht Jahren eine chancengleiche und hochwertige Bildung für alle ermöglichen können, weil es nicht nur ein strukturelles Problem ist, sondern eines, das tiefer geht. Weil es dabei um Respekt und Wertschätzung geht - den Lehrern und den Kindern gegenüber.

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