„Bildung ist auch Persönlichkeitsentwicklung und die lässt sich nicht in Lehrpläne festlegen“

Ein Bericht von Laura Ehlert

Hochschulen sind Orte des Wissens. Wissen entsteht, wird diskutiert, vermittelt, kritisiert und gelangt auf ganz unterschiedlichen Wegen in die Gesellschaft. Das bedeutet nicht nur gesellschaftliche Verantwortung, sondern auch eine starke Machtposition, mit der alle Partizipierenden bewusst umgehen müssen. Aber welche Rolle spielen Student:innen dabei?

Gemeinsames Lernen auf Augenhöhe ist Marie-Theres' Mission. Wissens- und Lernprozesse müssen neu gedacht werden. ©Pixabay
Gemeinsames Lernen auf Augenhöhe ist Marie-Theres' Mission. Wissens- und Lernprozesse müssen neu gedacht werden.

Donnerstagvormittag: Der Workshop „Hochschulen als Orte gesellschaftlicher Erkenntnis und Transformation – Und welche Rolle spiele ich dabei?“ hat begonnen. Marie-Theres Lewe, ehemalige Leuphana-Studentin, leitet diese Diskussion rund um die Themen Bildung, situiertes Wissen und Lernprozesse an den Hochschulen. Immer im Hintergrund die Frage, wie kann ich mich einbringen?

Zusammen mit Lehrenden hat sie den Workshop Students as partners – die Zusammenarbeit mit Studierenden neu denken gestaltet. Im Workshop wird thematisiert, wie man Diskriminierung in der Bildung entgegenwirken kann. Außerdem wird dort hierarchiekritisch gearbeitet, um Lehr- und Lernprozesse auf Augenhöhe zu gestalten.

 

Bildung und Partizipation 

„Die größte Herausforderung der Bildungsinstitution Hochschule ist eben, mit vielen unterschiedlichen Hintergründen aller Beteiligten umzugehen“, erklärt Lewe. 

Bereits im Warm-up haben die Erstsemester durch Fragen zu Gewohnheiten oder Ereignissen festgestellt, wie unterschiedlich ihre Hintergründe, Studiengängen und Erfahrungen sind. Interessant für sie war auch die Entdeckung, dass sämtliche Teilnehmer:innen Diskriminierung aufgrund des Alters, Geschlechts oder der Religionszugehörigkeit erlebt haben. Eine große Herausforderung. Können Universitäten dieser gerecht werden oder ihr gar entgegenwirken?

„Situiertes Wissen bedeutet eben Dialog statt Monolog. Ich kenne das aus der Schule, dass vorne ein:e Lehrer:in steht und mir etwas erzählt und das muss ich anwenden. Situiertes Wissen bedeutet eben, dass man sich über die unterschiedlichen Perspektiven austauscht und miteinander redet. Das bedeutet dann auch, dass Lernen Verlernen bedeutet“, führt Marie-Theres aus. Wissens- und Erkenntnisprozesse sind dynamische Prozesse. Sobald sich Lernende austauschen, können sie ihr bisheriges Wissen reflektieren und kritisieren, so entsteht neues Wissen.

Stringente Lehrpläne lassen vielen Schüler:innen und Studierenden nicht die Möglichkeiten, sich frei zu entfalten und nach dem eigenen Tempo Wissen anzueignen. Mit situiertem Wissen soll ein Rahmen für gemeinschaftliches Lernen entstehen, denn alle Studierenden haben unterschiedliche Lerntypen und Arbeitsweisen, die kombiniert werden können. Von und miteinander lernen steht im Vordergrund.

Wie können Studenten sich nun einbringen? „Lernen, Forschen und Lehren gehört zusammen und sollte auf Augenhöhe passieren. Wenn Studierende in einer Lehrveranstaltung sitzen und Dozent:innen vor ihnen stehen und erzählen, dann sind Studierende immer diejenigen, die die Stimme erheben können, wenn ihnen etwas missfällt oder sie etwas nicht verstehen“, sagt Lewe. Situiertes Wissen kann insofern genutzt werden, als dass es die Vorerfahrungen und Interessen der Studierenden mit in Wissen und Methodik einfließen lassen kann. Reine Objektivität und wissenschaftliche Methoden reichen laut Lewe eben nicht aus. 

 

Welche Rolle spiele ich dabei?

Wissen ist immer einhergehend mit Verantwortung und Macht. Deswegen ist es wichtig, sich zunächst mit der eigenen Situation auseinanderzusetzen, um basierend darauf die damit einhergehende Verantwortung zu reflektieren. So haben die Erstsemester im Workshop die Möglichkeit erhalten, ihren Weg an die Universität, die Auswahl des Studiengangs sowie dessen Rolle auf Wissensproduktion hin zu reflektieren. 

Inwiefern haben/hatten gesellschaftliche Strukturen Einfluss auf dich? Inwiefern tragen wir mit unserer individuellen Positionierung an der Hochschule gesellschaftliche Verantwortung? Auf welche gesellschaftlichen Probleme können wir mit unserer Perspektive antworten? Sind wichtige Leitfragen für die anschließende Diskussion gewesen. 

 

„Die Hochschule braucht euch!“

Universitäten sind Orte des Wissens. Es ist wichtig, die Bedingungen und Konsequenzen des Wissensprozesses zu reflektieren. Ein interdisziplinärer Ansatz ist für Lösungsansätze ebenso von Bedeutung und wird von den Erstsemestern erwünscht. Indem sich Studierende mit ihren unterschiedlichen Hintergründen am Wissensprozess beteiligen, können Hochschulen ein Ort für gemeinsames Lernen werden. Marie-Theres Lewe hält fest, dass für einen bewussten Umgang mit Wissen, Selbstreflektion, aktive Einbringung und interdisziplinäre Ansätze entscheidend sind.