Power to the Cities? Ein Ortsbürgermeister spricht Klartext

Ein Feature von Pia-La Toya Monetha

Mehr Macht den Städten? Wir haben mit einem Ortsbürgermeister gesprochen, wie der Alltag in den Kommunen wirklich aussieht und was er von dem Konferenzwochenthema hält. Sein Fazit: Kleiner ist mehr.

Ortsbürgermeister Jochen Wrede ©Pia-La Toya Monetha
Ortsbürgermeister Jochen Wrede

Ein großes Haus mit rotem Backstein gemauert. Der Empfang von Jochen Wrede ist herzlich. Seine Hand deutet auf ein einladendes Kaminzimmer, das eine gemütliche Atmosphäre bietet. Jochen Wrede nimmt auf einem altertümlichen Stuhl mit genügend Sicherheitsabstand Platz. Dort kann er sich von seinem stressigen Alltag erholen und entspannen, um wieder neue Kraft zu schöpfen.

Ganze zwanzig Jahre ist Wrede schon Bürgermeister. Zurzeit ist er Ortsbürgermeister von Nordholz. Außerdem ist er seit zweiundfünfzig Jahren im Gemeinderat und seit fast vierzig Jahren im Kreistag tätig. Ein engagierter und politisch aktiver Mann. Doch was denkt jemand mit so viel Erfahrung wirklich über die Politik?

Wie viel Macht hat ein Bürgermeister wirklich?

Seine Handlungsmöglichkeiten als Ortsbürgermeister sind begrenzt: das Ausüben von Hilfsfunktionen für die Gemeindeverwaltung oder das Einberufen und die Sitzungsleitung des Ortsrates. Solche Hilfsfunktionen sind das Melden von Schäden, Gefahrenpunkten, Störungen, Verunreinigungen von Straßen, Plätzen oder der Straßenbeleuchtung. Aber auch die Beratung des Bürgermeisters beziehungsweise der Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung in Verwaltungsangelegenheiten der Ortschaft gehören zu seinen Aufgaben, genauso wie die Meldung von Gefahren an die Gemeindeverwaltung, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Ortschaft gefährden. Dazu kommen noch Repräsentationsaufgaben. Diese dürfen aber nur in Abstimmung mit dem Bürgermeister übernommen werden.

Wrede übt sein Amt gerne und mit viel Hingabe aus, aber wie er selbst sagt, ist er als Ortsbürgermeister sehr eingeschränkt. Er kann Ideen vorschlagen und zuarbeiten. Mittlerweile ist er aber frustriert. „Früher konnte man mehr erreichen, als die Gemeinden kleiner waren. Es war zum einen einfacher und zum anderen auch persönlicher“, erzählt Wrede.

Wo werden die Prioritäten gesetzt?

Es passiert eindeutig zu wenig. In der Gemeinde ist ein Brückengeländer beschädigt, wahrscheinlich wurde es von einem Trecker kaputt gefahren. Wrede hat dies, da es auch zu seinen Aufgaben gehört, selbstverständlich gemeldet, fotografiert und übermittelt. Doch mittlerweile sind fast zwei Jahre vergangen und es ist nichts passiert. Nicht einmal nach mehrfacher Nachfrage. Leider werden andere Prioritäten gesetzt. Doch dies ist nur ein Beispiel von vielen.

Wrede setzt sich außerdem für die Beleuchtung eines kleinen Waldweges ein. Viele Kinder nutzen diesen Waldweg, um beispielsweise zum Bahnhof zu gelangen. Doch gerade in der dunklen Jahreszeit stellt dies ein Problem dar. Deshalb fordert Wrede, für die Sicherheit der Kinder diesen Weg zu beleuchten. Nach seinen Angaben seien sechs bis acht Lampen ausreichend, um das Problem zu beheben und die Sicherheit der Bewohner:innen zu gewährleisten. Das Vorhaben von Wrede wurde verkompliziert und hintenangestellt.

„Kommunen werden größer aber dafür immer bürgerferner.“

Die Verwaltung verselbstständigt sich, weil sie zu groß werden. Eine größere Verwaltung soll für mehr Effizienz und Energie sorgen, aber dieser Meinung ist Wrede nicht. Er kritisiert dies stark: „Die Verwaltungen werden immer größer, aber die Bürger:innen fallen hinten runter. Die Kommunen dürfen nicht größer werden- es muss händelbar bleiben“, so Wrede.

Die Kommunen wurden vor allem aus finanziellen Gründen zusammengelegt und das ist auch nachvollziehbar. Dennoch schwärmt Wrede gelegentlich von den alten Zeiten „Je kleiner die Gemeinden sind, desto schneller können Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. Jetzt sind die Kommunen größer und Fachleuchte müssen bestimmte Dinge entscheiden.“

Doch zum Schluss gab es einen kleinen Sieg in den vielen Kämpfen, die Wrede für die Bürger:innen führt. Mit Unterstützung des Bürgermeisters konnte Wrede erreichen, dass der Bahnhof in Spieka wieder eröffnet wird. Die Reaktivierung des Haltepunktes ist ein größerer Gewinn für die Umgebung und die angesiedelte Bevölkerung.