Smart Building = Smart City? Das Zentralgebäude als Vorbild

Ein Kommentar von Lotta-Sophie Schwarz

Lüneburg – eine historische Stadt, voll mit alten krummen Gebäuden. Die Wände sind schief und es wirkt so, als ob alles bald zusammenbricht. Was in der Altstadt über Jahrhunderte hinweg entstanden ist, ist im Zentralgebäude der Leuphana Universität Absicht. Ist das Aushängeschild der Universität vielleicht ein Vorbild für das Leben und die Architektur neuer Smart Cities?

Steht man zum ersten Mal vor dem Zentralgebäude, kann es schon ein wenig einschüchternd sein. Riesige metallene Zacken ragen in den Himmel und es wirkt eher wie eine Kulisse aus einem Science-Fiction-Film. Doch die Zink-Platten-Fassade hat einen besonderen Nutzen. Sie ist so konzipiert, dass sie gegen die Sonne gerichtet ist und sich somit selbst passiv kühlt. Mechanische Lüftungen werden ebenfalls nicht gebraucht. Dafür gibt es CO2-Ampeln, die für korrektes Lüften sorgen sollen, um möglichst effizient zu arbeiten.

 

Das Zentralgebäude von außen - ein Vorbild für eine Smart City? ©Leuphana - Schüco/Suhan
Das Zentralgebäude von außen - ein Vorbild für eine Smart City?

Intelligente Technik

Auch von innen kann das Zentralgebäude mit intelligenter Technik punkten. Ein Großteil der Lampen geht von alleine aus, damit kein Strom verschwendet wird, falls jemand nach einer Vorlesung doch vergisst, den Schalter zu betätigen. Zusätzlich richtet sich die Helligkeit nach der Präsenz der Leute und dem Tageslicht, um Energie zu sparen. „Zusammen mit der hervorragenden Dämmung, Dreischeibenverglasung, Wärmerückgewinnung und Versorgung aus Niedertemperatur-Abwärme, um nur die wichtigsten Technologien zu nennen, setzt die Konstruktion Maßstäbe für die Energieeffizienz öffentlicher Gebäude“, wird dazu auf der Webseite der Universität erklärt. Zusätzlich wird das Regenwasser gespeichert und für die Toilettenspülungen genutzt. Somit wird nahezu jeder äußere Einfluss auf das Gebäude, seien es Sonnenstrahlen, Kälte oder Regenwasser, vom Gebäude aufgenommen und weiter genutzt. Dies soll sich auch zugunsten der Langlebigkeit des Gebäudes auswirken, so die Universität.

Explodierende Kosten

Durch die umweltbewusste Ausrichtung passt das Gebäude sehr zu den Zielen einer Smart City. Cleveres Licht, Wiederverwertung von Ressourcen und selbst die Baustoffe wurden so gewählt, dass sie möglichst wenig Wasser und Energie bei der Produktion benötigen. Aber reicht das schon aus, um ein Beispiel für Nachhaltigkeit und Smart Living zu sein? 

Vergleicht man diese Punkte mit den entstandenen Kosten gibt es darauf keine eindeutige Antwort. Ursprünglich wurden die Kosten des Gebäudes auf rund 50 Millionen Euro angesetzt, welche sich letztendlich verdoppelten und bei 100 Millionen Euro endeten. Es wäre wahrscheinlich einfacher gewesen, einen simpleren Komplex zu bauen, doch dies hätte wiederum nicht den Zielen der Universität entsprochen.

Stararchitekt = höhere Kosten?

Für das Projekt gab es laut Deutscher BauZeitschrift keine offizielle Ausschreibung. Libeskind wurde engagiert, da er praktischerweise zu dem Zeitpunkt eine Professorenstelle an der Uni hatte, dadurch gibt es keine Vergleiche zu anderen Architekt:innen. Allerdings sollte dazu gesagt werden, dass die Uni mit dem Gebäude nicht nur auf Nachhaltigkeit gesetzt hat, sondern eben auch auf einen berühmten Architekten wie Libeskind, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen und die Stadt in diesem Zuge mehr Tourist:innen. Also ging es in diesem Fall auch um Vermarktung und das Akquirieren von Geldern, durch Führungen und Veranstaltungen. Dieses Ziel würde eine Smart City eher weniger verfolgen. Selbstverständlich sind Tourist:innen stets ein guter Weg, um die Wirtschaft anzukurbeln, doch wie der Name bereits sagt, geht es darum, besonders smart zu sein und nachhaltig zu agieren. 

Zentralgebäude als Vorbild für eine Smart City?

Ob das Gebäude nun ein gutes Beispiel für Smart Cities ist und sich somit als Vorbild für Stadtentwickler:innen eignet? Aus nachhaltiger Perspektive: Ja. Das Gebäude ist sehr fortschrittlich in Hinblick auf die Nachhaltigkeit und nutzt die Ressourcen so schonend wie möglich. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das jedoch nicht so einfach zu beantworten. Zum einen müssen die Kosten des Gebäudes auch erwirtschaftet werden mitunter auch mit nicht-nachhaltiger Arbeit. Da ist jeder Cent, den man nicht zusätzlich ausgegeben muss, Gold wert. Zum anderen würden die explodierenden Kosten eine Smart City vermutlich ruinieren, vor allem wenn man beachtet, dass es nicht um ein einzelnes Gebäude, sondern um eine ganze Stadt handelt. Wie weit sich die Kosten jedoch durch eine:n andere:n Architekt:in verändert hätten oder welchen Einfluss das Design hat, lässt sich nur erahnen. Die krummen Formen des Gebäudes haben eben auch einen Sinn, der die Nachhaltigkeit des Gebäudes beeinflussen könnte. Abgesehen von den Kosten wäre das Gebäude jedoch ein guter Anfang für eine Smart City. Das intelligente Lichtsystem, Wärme und Kälte werden gespeichert und absorbiert und Wasser wird durch das aufgenommen Regenwasser gespart. Perfekt für eine Smart City, zumindest wenn man die Kosten außer Acht lässt.