Wie Smart ist die Leuphana? - Ein Meinungsbild von Studierenden zur Umsetzung der digitalen Lehre

Ein Beitrag von Ricarda Goetsch

In einem Seminarplenum konnten sich Studierende über die Umsetzung der Online-Lehre austauschen. Hat die Leuphana diese digitale Transformation gemeistert oder hätte sie besser „die Präsenzlehre retten“ sollen?

Pandemiebedingte Online Lehre der Universitäten stellt die Studierenden vor eine Herausforderung. ©pixabay.com - https://pixabay.com/de/illustrations/sozial-soziale-netzwerke-1206612/
Pandemiebedingte Online Lehre der Universitäten stellt die Studierenden vor eine Herausforderung.

Das von Studierenden organisierte Seminarplenum „Pandemiebedingte Online-Lehre für Erstsemester - ein Erfahrungsaustausch“ bietet am Mittwoch im Rahmen der Konferenzwoche der Leuphana Universität Interessierten die Möglichkeit, sich über ihre Erfahrungen im pandemiebedingtem Online-Semester auszutauschen.

Als Gast ist unter anderem Dr. Tanja Adamus geladen. Sie ist Expertin im Bereich digitale Medien und arbeitet an der Fernuni in Hagen. Insbesondere die Fragen, inwieweit die Leuphana sich noch von einer Fernuni unterscheidet, was eine Fernuni ausmacht und weshalb sozialer Austausch auch für Studierende an Fernunis so wichtig ist, will sie beantworten.

Auch Professor Matthias Barth ist zu Gast. Er ist Umweltwissenschaftler und Lehrender an der Leuphana. So kann er einen Eindruck über das Studium in der digitalen Lehre aus Perspektive eines Dozierenden vermitteln.

Wer ist schon einmal in einer Online-Vorlesung eingeschlafen?

Zu Beginn des Plenums werden den Erstsemesterstudierenden mehrere Fragen gestellt, wie zum Beispiel, ob sie sich in diesem Semester schon mit mehr als zwei Kommiliton:innen aus dem eigenen Studiengang getroffen haben oder ob die Studierenden schon einmal in einer Online-Vorlesung eingeschlafen sind. Vor zwei Jahren wären die Antworten wahrscheinlich anders ausgefallen. So geben die Studierenden aber größtenteils an, dass sie sich noch nicht mit mehreren Kommiliton:innen getroffen haben und durchaus schon einmal in einer Online-Vorlesung eingeschlafen sind. Sonderlich überraschend sind diese Antworten nicht.

Darüber hinaus können die Plenumsteilnehmer:innen an einer Umfrage teilnehmen. Dabei werden vier verschiedene Aussagen präsentiert und die Studierenden haben die Möglichkeit, diese auf einer Skala von eins bis fünf zu bewerten.

Stimmungsbild zum Leuphana Semester ©Screenshot aufgenommen von Ricarda Goetsch, von einer Umfrage via Mentimeter.com
Stimmungsbild zum Leuphana Semester

Ein Indiz für ein Versagen der Leuphana?

Die Umfrage liefert ein ähnliches Ergebnis wie die Fragen, die am Anfang des Plenums gestellt worden sind. Die Studierenden hatten während des Online-Semesters eher weniger Austausch mit Kommiliton:innen und die Online-Veranstaltungen haben den  Studierenden kaum geholfen, neue Kontakte zu knüpfen.

Ist dies ein Indiz für ein Versagen der Leuphana bei der Umsetzung der digitalen Lehre? Hätte die Leuphana smarter sein sollen oder gar müssen? Diese Fragen sind nicht konkret mit ja oder nein zu beantworten. Sowohl die Umfrage als auch die Diskussion unter den Studierenden zeigen, dass diese weitestgehend mit der Umsetzung der digitalen Lehre der Leuphana zufrieden sind. Einige Studierende verweisen auf Bekannte, die an anderen Unis studieren, bei denen die digitale Transformation teilweise weitaus stockender verlaufen sei.

Dennoch sind sich die Studierenden einig, dass es für sie alle eine herausfordernde Situation sei, in der sie vor allem unter dem Fehlen eines Gemeinschaftsgefühls leideten und dieses auch nicht durch etliche Zoom-Sessions so einfach entstehen könne.

Corona hat zu mehr Digitalisierung beigetragen als irgendein Digitalpakt

Neben dem Austausch unter den Studierenden, haben diese auch die Möglichkeit den Gästen Fragen zu stellen. So antwortet Barth auf die Frage, wie er den Austausch unter den Studierenden wahrgenommen habe und was ihm fehle, dass ihm das Zwischenmenschliche, was durch kurze Unterhaltungen nach den Vorlesungen entstünde, fehle. Jetzt würde man nach Beendigung einer Vorlesung einfach das Meeting verlassen und so fehle ein Raum für Gemeinschaft und Austausch, der durch Breakout Sessions per Zoom wohl kaum ersetzt werden könne. Dennoch nennt Barth auch Vorteile, die wegen der pandemiebedingten Online-Lehre entstanden seien. Ihm zufolge habe Corona mehr zu Digitalisierung beigetragen, als irgendein Digitalpakt es hätte tun können.

Online Uni für Gefängnisinsass:innen

Tanja Adamus erläutert anschließend den Unterschied zwischen einer Fernuni und einer Präsenzuni. In einer Fernuni gebe es durch die Corona-Pandemie, zumindest auf die Lehre bezogen, keine großen Umstellungen. Auch ohne Pandemie finde der Unterricht dort online statt. Adamus nannte allerdings ebenfalls den Punkt der fehlenden Gemeinschaft, der sich auf die Motivation der Studierenden auswirken würde. Denn auch an der Fernuni in Hagen hätten die Studierenden die Möglichkeit sich zum Studienstart einmal persönlich zu treffen und kennenzulernen und dieser wichtige Austausch fehle jetzt sehr.

Dennoch nennt Adamus auch Vorteile, die für eine Fernuni beziehungsweise für die Online-Lehre sprechen. Die Studierenden der Fernuni Hagen, würden sich demnach  bewusst für dieses Studienkonzept entscheiden. Wobei zu bedenken sei, dass dies häufig andere Gruppen von Menschen sind. So sei die Fernuni beispielsweise für Spitzensportler:innen, chronisch Kranke, Berufstätige oder sogar für Gefängnisinsass:innen eine sinnvolle Option. Kurz gesagt, eine Online- beziehungsweise Fernuni sei flexibler.

Zum Abschluss des Plenums fast eine Studierende das Gesagte zusammen. Dabei bezieht sie sich besonders auf die genannten Chancen, die durch die Online-Lehre entstehen. Durch die pandemiebedingten Umstellungen in der Lehre sei eine digitale Transformation vorangetrieben worden und Studierende könnten jetzt noch flexibler ihr Lernen gestalten. Die fehlende Gemeinschaft stellt jedoch für Lehrende sowie Studierende ein Problem dar. Die Leuphana habe das Online Semester in ihren Möglichkeiten relativ smart gestaltet. Sie sollte vor allem mit Hinblick auf eine Eindämmung des Virus zum jetzigen Zeitpunkt die Präsenzlehre wohl eher nicht retten. Viel eher sollte sie daran arbeiten, den Studierenden und Lehrenden trotz der physischen Distanz ein Gemeinschaftsgefühl bestmöglich zu ermöglichen.