Wir brauchen einen „gemischten Tisch“!

Ein Kommentar von Pia-La Toya Monetha

Soweit das Auge reicht überall nur alte, weiße Männer - wo bleibt der „gemischte Tisch“? Sind wir wirklich so offen wie wir denken? Was ist mit den beiden essentiellen Grundvoraussetzungen für eine diverse und breite Stadt?

Bunte Kreidemännchen halten sich an den Händen © Pixabay
Together

Wir wollen divers sein und auch diverse Städte haben, erfüllen aber nicht die Grundvoraussetzungen dafür. Wir müssen uns politisch und ökonomisch verbessern.

Politische Grundlage und ökonomische Teilhabe sind die zwei wichtigsten Faktoren, damit es überhaupt gelingt, eine Stadt breiter und diverser aufzustellen. Die gesellschaftlichen Parteien müssen aufeinandertreffen und miteinander konstruktiv streiten. Eine Voraussetzung dafür ist aber, dass auch Orte geschaffen werden, an denen gestritten werden kann. Die Streite sind dann das Resultat von positiven Entwicklungen, erklärt Aladin El-Mafaalani in der Veranstaltung “Wem gehört die Stadt” auf der Konferenzwoche der Leuphana Universität. El-Mafaalani ist Universitätsprofessor für Erziehungswissenschaft und Inhaber des Lehrstuhls für Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft an der Universität Osnabrück.

„Wir haben ganz oft die Situation, dass wir überhaupt erst dabei anfangen, uns die Frage zu stellen: Haben wir überhaupt ein Problem mit Rassismus in dieser Gesellschaft? Wie willst du also solche Dinge besprechen, wenn die Grundlage dafür noch nicht mehr als gegeben gesehen wird“, ergänzt  Aminata Touré in der Veranstaltung. Touré sitzt für Bündnis 90/Die Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag. Außerdem ist sie Sprecherin ihrer Fraktion für Migration und Flucht, Antirassismus, Frauen und Gleichstellung, Queerpolitik, Religion sowie Katastrophenschutz und Rettungsdienst. Daher müsse Rassismus anerkannt werden, denn die Anerkennung von strukturellem Rassismus dient als Grundlage, um sich streiten zu können.

Doch wo ist die Diversität?

Touré erläutert ihren Wunsch, dass sich „(...) am Ende des Tages dort so viele Menschen (befinden), wie die Gesellschaft auch vielfältig ist“, als sie nach ihrem perfekten „gemischten Tisch“ gefragt wird. 

Außerdem sagt sie: „Wenn ich in den Bus gestiegen bin, habe ich eine vielfältigere Gesellschaft gesehen, als ich ausgestiegen bin und dann im Parlament war. Und im Parlament habe ich oft das Gefühl: Vielleicht bin ich irgendwie voll crazy und übertreibe und vielleicht ist das alles nicht so wichtig, die Themen, über die ich spreche (…), weil ich dort immer Teil einer Minderheit bin. Zum Beispiel in der Koalition, in der ich unterwegs bin, in CDU, FDP und Grüne bin ich die einzige Person, die eine Migrationsgeschichte hat.“ Die Fakten in ihrer Aussage sind erschreckend. Wie kann es sein, dass sie die erste afrodeutsche und jüngste Vizepräsidentin in Deutschland ist? Wir benötigen einen Frühjahrsputz, der mehr Diversität und jungen Wind in die Politik bringt, genau wie Touré.

Da geht noch mehr

„Es lässt sich nicht mehr genau sagen, was deutsch ist“, sagt El-Maafalani. Haben die heutigen Bürger:innen in Deutschland wirklich einen stereotypischen „Deutschen“ im Kopf? Leider lautet die Antwort „Ja“ – zumindest bei Vielen. Die Gesellschaft muss umdenken. Es gibt keinen typischen Deutschen. Alle Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, sind deutsch. Daran darf aufgrund ihrer äußeren Erscheinung nicht gezweifelt werden. Es muss gegen die "Schließungsbewegung", wie El-Maafalani es nennt, gehandelt werden. Die Schließungsbewegung sind die Personen, die eine geschlossene Gesellschaft zurückerlangen wollen, also diejenigen, die gegen die Öffnung des „Tisches“ ankämpfen.

Wann fangen wir an, umzudenken?

Die Gesellschaft muss sich wandeln, damit Menschen nicht vor möglichen Konflikten mit weniger weltoffenen Menschen in offenere Regionen flüchten. 

In die Gesellschaft integriert zu sein, bedeutet nicht, dass sich die Bürger:innen anpassen müssen und ein Leben lang ihre Dankbarkeit ausdrücken sollen. Sie dürfen, sollen und müssen Ansprüche stellen und eigenständige Mitglieder dieser Gesellschaft werden. Die Gesellschaft darf niemanden verurteilen, der für ihre:seine eigenen Bürger:innenrechte einstehen.

Wir als eine Gesellschaft müssen eine Veränderung herbeiführen. Dabei kommt es auf jeden einzelnen an. Ab jetzt denken wir um.