Gamification in der Lehre: Der grantige Onkel und die Wissenschaft
20.09.2025 In der großen Methoden-Vorlesung des Leuphana-Semesters lernen die Erstsemesterstudieren spielend: Die Veranstaltung ist eines der Leuchtturm-Projekte des Game-Didaktik-Projekts.

Verschwörungstheoretiker*in werden – ausgerechnet an einer Uni? Klingt absurd – ist aber genau das Ziel eines Lernspiels namens Cranky Uncle. Die App ist Teil eines innovativen Lehrprojekts an der Leuphana, das zeigt, wie spielbasierte Lehre Studierende besser erreicht – und wie Hochschulen davon profitieren können. Hinter dem Vorhaben steht der Bildungswissenschaftler Dr. Johannes Katsarov, der das Game-Didaktik-Projekt an der Leuphana leitet: „Menschen spielen, weil sie geistige Anregung lieben – in jedem Alter.“
So einfach wie wirkungsvoll: Durch sogenannte „Serious Games“ – also Lernspiele mit Bildungsanspruch – werden komplexe Inhalte emotional, interaktiv und praxisnah vermittelt. In Meta-Studien wurde bereits belegt, dass spielbasierte Lehre sowohl die Motivation als auch den Lernerfolg deutlich steigern kann. Besonders eindrucksvoll: In Rollenspielen zu Forschungsethik konnten in wenigen Stunden größere Lerneffekte erzielt werden als in einem ganzen Semester mit klassischen Methoden, berichtet Johannes Katsarov.
Eines der Leuchtturm-Projekte ist die gamifizierte Methoden-Vorlesung im Leuphana Semester. Hier spielt Professor Dr. Henrik von Wehrden mit seinen Studierenden beispielsweise Cranky Uncle. Die App stellt falsche Behauptungen auf, mit denen sich die Lernenden kritisch auseinandersetzen müssen – und das auf spielerische Weise. Das Ziel: Fake News erkennen, Argumentationsmuster durchschauen und sich in wissenschaftliches Denken einüben. „Im digitalen Zeitalter brauchen wir Methoden, die Wissen noch einmal anders verpacken“, erklärt Henrik von Wehrden und greift noch tiefer in die Spielekiste: Auf der Webseite „Guess the correlation“ können statistische Werte von Punktdiagrammen erraten werden, mit dem „Climate Game“ der Financial Times lernen Studierende systemische Phänomene besser zu verstehen. Auch diese Serious Games sind Teil der Vorlesung.
Henrik von Wehrden geht oft innovative Wege in der Lehre: Bereits seit einigen Jahren verwendet er die flipped-classroom-Methode: „Unsere Studierenden bereiten sich zu Hause vor und senden uns dann Fragen, die wir in der Vorlesung beantworten“, erklärt der Leiter des Methodenzentrums.
Mit der Gamification sollen nicht nur einzelne Kurse bereichert werden: „Wir möchten Serious Games langfristig in der Hochschullehre verankern“, erklärt Johannes Katsarov. Das Projekt setzt auf ein umfassendes Unterstützungsangebot für Lehrende. In modularisierten Fortbildungen können diese lernen, wie man spielbasierte Elemente sinnvoll konzipiert, implementiert und evaluiert.
Außerdem entsteht eine Sammlung namens Games for Higher Education, die passende Lernspiele für unterschiedliche Fächer vorstellt. Workshops zum Ausprobieren und regelmäßige Veranstaltungen sollen eine Community für spielbasierte Lehre an der Leuphana aufbauen. Am besten kommt bislang das Angebot an, Lehrpersonen der Leuphana direkt bei der Suche nach geeigneten Spielen zu beraten und zu unterstützen.
Das Vorhaben „Game-Didaktik“ wird noch bis März 2026 Rahmen des Förderprogramms „Freiraum“ der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert. Ziel ist eine innovative Weiterentwicklung der Lehre.
Kontakt
- Prof. Dr. Henrik von Wehrden
- Dr. Johannes Katsarov