Prof. Dr. Yoram Haftel eröffnet neues Visiting Fellow-Programm der Graduate School

03.02.2025 Yoram Haftel, Professor für Internationale Beziehungen an der Hebräischen Universität Jerusalem, forscht zu internationalen Organisationen und Wirtschaftspolitik und lehrt nun im Promotions- und Komplementärstudium im Master. Mit dem Visiting Fellow-Programm unterstreicht die Graduate School die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Lehre und verpflichtet sich zu ihrer kontinuierlichen Internationalisierung. In diesem Jahr werden drei weitere international renommierte Fellows an der Graduate School zu Gast sein.

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„Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Menge internationaler Organisationen zu einer Überschneidung von politischen Kompetenzen und staatlicher Mitgliedschaft führt, wie es bei der NATO und der EU der Fall ist. Beide wollen zwar den internationalen Frieden und die Sicherheit fördern, können sich aber möglicherweise in Revierkämpfen wiederfinden“, sagt Yoram Haftel.

Die Zahlen variieren stark: Schätzungen zufolge gibt es weltweit zwischen 100 und 400 Staatenbünde, die der EU, der NATO oder der Afrikanischen Union ähneln. Ziele dieser internationalen Organisationen reichen von Handelsliberalisierung über Entwicklungshilfe bis zur Friedenssicherung. Prof. Dr. Yoram Haftel ist einer der international renommiertesten Forscher auf diesem Gebiet. Gemeinsam mit Prof. Dr. Tobias Lenz, Professor für Internationale Beziehungen am Institut für Politikwissenschaft, hat er die Auswirkungen von organisatorischen Überschneidungen auf die Autorität internationaler Organisationen untersucht. Das Projekt wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur im Rahmen des Programms „Forschungskooperation Niedersachsen-Israel“ gefördert. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Menge internationaler Organisationen zu einer Überschneidung von politischen Kompetenzen und staatlicher Mitgliedschaft führt, wie es bei der NATO und der EU der Fall ist. Beide wollen zwar den internationalen Frieden und die Sicherheit fördern, können sich aber möglicherweise in Revierkämpfen wiederfinden“, sagt Yoram Haftel.

Dennoch sind internationale Organisationen auch sehr unterschiedlich. Ein Aspekt, in dem sie sich unterscheiden, ist die Autoritätsebene. Einige verfügen über mächtige Bürokratien und unabhängige Gerichte, während andere, die manchmal als ‚Zombie-Organisationen‘ bezeichnet werden, Entscheidungen nur im Konsens treffen und nur sehr wenig erreichen. Unter Bezugnahme auf eine kürzlich gemeinsam mit Prof. Lenz durchgeführte Studie über internationale Organisationen in Afrika erklärt Prof. Haftel, dass „Überschneidungen zu einer wachsenden Kluft in der Autorität internationaler Organisationen auf diesem Kontinent geführt haben“.

Die Aktivitäten internationaler Organisationen werden auch von Krisen beeinflusst, so Yoram Haftel. Ein Beispiel ist China und die Ausweitung der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) auf die Gesundheitspolitik während der COVID-19-Pandemie. Als Länder mit niedrigem Einkommen um wirtschaftliche Hilfe von internationalen Organisationen baten, musste China entscheiden: Leitet es diese Hilfe über die AIIB, die es selbst gegründet hat und kontrolliert? Oder nahm es den Weg über die Weltbank, die zwar überlappende Kompetenzen, aber auch mehr Ressourcen und Fachwissen hat, aber von den Vereinigten Staaten und dem Globalen Norden kontrolliert wird? Yoram Haftel weist darauf hin, dass China in der Tat ein stärkeres Engagement der AIIB in der Gesundheitspolitik unterstützt hat. Gleichzeitig „zeigt unsere Analyse, dass China innerhalb der Weltbank eine Absicherungsstrategie verfolgte, die zwischen oberflächlicher Unterstützung und oberflächlichem Widerstand schwankte. China begrüßte Maßnahmen, die dem globalen Süden zugutekamen, während es sich für institutionelle Reformen einsetzte“, beschreibt Yoram Haftel.

Das Seminar „The Politics of International Trade: Interests, Institutions, and Power“ befasst sich mit der internationalen Handelspolitik im Laufe der Zeit und in verschiedenen Ländern vom 19. bis 21. Jahrhundert. Obwohl es gute Gründe für die Annahme gibt, dass der Freihandel allen zugutekommt, verfolgen Staaten häufig eine protektionistische Politik. Nach dem Zweiten Weltkrieg verpflichteten sich die Staaten durch internationale Organisationen wie die EU und die Welthandelsorganisation zur Handelsliberalisierung. „Erst kürzlich drohte Präsident Donald Trump jedoch damit, Handelsbarrieren gegen viele andere Länder, Freunde und Feinde gleichermaßen, zu errichten, und die EU bietet europäischen Firmen und Landwirten weiterhin großzügige Subventionen an“, betont der Wissenschaftler. Der Kurs untersucht die Rolle von Interessengruppen, nationaler Macht und internationalen Organisationen bei der Gestaltung dieser außenpolitischen Entscheidungen.

Yoram Haftel freut sich auf den Austausch mit den Master- und Promotionsstudierenden: „Deutschland liegt im Herzen Europas und hier wird bald gewählt. Dies wird wahrscheinlich weitreichende Auswirkungen auf die europäische Zusammenarbeit und die wirtschaftliche Globalisierung in den kommenden Jahren haben. Ich bin gespannt auf die Perspektiven und Gedanken der Studierenden zu diesen Themen.“

Prof. Dr. Zeev Yoram Haftel ist Professor am Giancarlo Elia Valori-Lehrstuhl für Friedensforschung und regionale Zusammenarbeit am Institut für Internationale Beziehungen der Hebräischen Universität Jerusalem. Er promovierte an der Ohio State University und lehrte an der University of Illinois-Chicago. In seiner Forschung befasst er sich mit den Quellen, dem Aufbau und den Auswirkungen internationaler Organisationen und Vereinbarungen. In seinem Buch „Regional Economic Institutions and Conflict Mitigation: Design, Implementation, and the Promise of Peace (2012)“ untersucht er die Zusammenhänge zwischen den Unterschieden in regionalen Wirtschaftsorganisationen (REOs) und der regionalen Sicherheit. In anderen Projekten analysierte er die Beziehungen zwischen Krisen und internationalen Organisationen, die Komplexität von Regimen und die Autorität internationaler Organisationen sowie die Politik des globalen Investitionsvertrag-Regimes. Er hat begutachtete Artikel zu diesen und anderen Themen in Fachzeitschriften wie International Organization, International Studies Quarterly, Journal of Conflict Resolution, Review of International Organizations und Review of International Political Economy veröffentlicht.