Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch!

Ein Bericht von Amelie Harm

Was ist Feminismus genau und was hat er mit Außenpolitik zu tun? Wie hängt Feminismus mit dem Krieg in der Ukraine zusammen? Diese und weitere Fragen klärte Kristina Lunz, Mitgründerin des „Centre for Feminist Foreign Policy“, heute in der „Lunch!Time“.

©Pexels/Tima Miroshnichenko
Feminismus ist schon lange nicht mehr nur Frauensache.


Feminismus. Sobald dieses Wort in einem Gespräch fällt, hören viele weg oder fühlen sich angegriffen. Das ist auf ein grundlegendes Missverständnis zurückzuführen. Feminismus verfolge nicht das Ziel sich ausschließlich für Frauenrechte einzusetzen, sondern trete für die Gleichstellung und Selbstbestimmung aller Menschen jeglichen Geschlechts ein, klärt Kristina Lunz auf. Sie ist Mitgründerin des „Centre for Feminist Foreign Policy“ und im Rahmen der letzten „Lunch!Time“ zu Gast im Konferenz-Studio. Im Gespräch mit Cornelius Gesing erläutert sie die Facetten einer feministischen Außenpolitik und blickt auf den „State of the Art“ in Deutschland und der Welt mit Fokus auf den Krieg in der Ukraine.


Was Feminismus mit Außenpolitik zu tun hat 

Feminismus hat bereits in Wissenschaft und Aktivismus Einzug erhalten, in der Politik, insbesondere der Außenpolitik, ist der Einfluss jedoch noch ausbaufähig. Das liegt daran, dass eine „feministische Außenpolitik die zentralen Paradigmen der traditionellen Außenpolitik in Frage stellt“, erläutert Kristina Lunz. 

In einer politischen Landschaft geprägt von Machtdrang und Konkurrenz scheint das Streben nach einer grundlegenden Veränderung, mit dem Ziel Unterdrückungs- und Diskriminierungsmuster zu beenden, schon fast utopisch. Zu oft zeigt sich Kristina Lunz zufolge in der Politik, dass sich Länder militarisieren, um ihre Macht zu beweisen oder sogar zu vergrößern. Dieses Verständnis von Außenpolitik führe dazu, dass sich auf institutioneller Ebene eine internationale Architektur durchsetze, die äußerst gewalttätig sei, so Kristina Lunz. 

Problematisch sieht sie vor allem den Aspekt, dass diese Gewaltbereitschaft kaum noch in Frage gestellt werde und sich bereits als Normalität etabliert habe. Daher sei es umso wichtiger, durch eine feministische Außenpolitik eine neue Normalität zu schaffen. 


Feminismus ist aktueller denn je

Die Folgen einer fehlenden feministischen Perspektive sind im aktuellen Krieg in der Ukraine zu erkennen. Kristina Lunz erklärt: „Je repressiver [und somit auch weniger feministisch] ein Land ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass es mit anderen Ländern in den Krieg zieht.“ Das Handeln Putins sei zurzeit ein Paradebeispiel für die zunehmende Gewaltbereitschaft auf außenpolitischer Ebene.

Feminismus könne jedoch zur Lösung des Kriegs in der Ukraine beitragen. So ist Lunz überzeugt, dass die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock in ihrer Rede vor der UN-Vollversammlung vor zwei Tagen einen Schritt in die richtige Richtung gegangen ist, indem sie sich auf die internationalen Menschenrechte berufen habe und eine verantwortungsbewusste Entscheidung aller Länder forderte. Jedoch müssten dieser feministischen Forderung auch Taten folgen, um einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine zu ermöglichen. Somit bleibe noch viel zu tun. 


State of the Art – Ein Blick nach Deutschland 

Trotz Annalena Baerbocks Forderungen muss auch in Deutschland in Sachen Feminismus noch einiges getan werden. Obgleich die deutsche Regierung im vergangenen Jahr eine feministische Außenpolitik in den Koalitionsvertrag aufgenommen habe, sagt Kristina Lunz, sei das Verständnis für dieses Ziel sehr begrenzt, da es sich hauptsächlich auf die Vertretung von Frauen in der Außenpolitik konzentriere. Eine feministische Außenpolitik umfasse jedoch weitaus mehr als das. Aus diesem Grund kann die Aufnahme in den Koalitionsvertrag nur als ein erster Schritt in die richtige Richtung angesehen werden auf den noch viele weitere folgen müssen. 

„Ein Vorbild kann sich in der Theorie an Mexiko genommen werden“, empfiehlt die Mitgründerin des „Centre for Feminist Foreign Policy“. Das dort vorherrschende intersektionale Verständnis von feministischer Außenpolitik sei am verständlichsten und ermögliche eine nachhaltige Bekämpfung von jeglicher Form von Unterdrückung und Sexismus, welche in der heutigen Welt unabdingbar sei.

Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung sei es, die Bürger:innen über Feminismus aufzuklären. Kristina Lunz’ neu erschienenes Buch „Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch“ ist das Erste, das die politische Dimension des Feminismus genauer betrachtet.

Die „Lunch!Time“ endet daher mit Cornelius‘ ausdrücklicher Empfehlung das neue Buch von Lunz zu lesen. 

 

Mehr Informationen über feministische Außenpolitik sind auf der Webpage des „Centre for Feminst Foreign Policy“ zu finden.

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