Gute Nacht

Eine Kritik von Simon-Lennard Till

Freitagabend, 19:30 Uhr: Leuphana Late Night. Hilft ja nichts!

Ist das Late Night? Farina und Cornelius ©Screenshot - https://www.youtube.com/watch?v=-GKiJMDXWok
Ist das Late Night? Farina und Cornelius

Es ist geschafft! Naja, fast. Die Konferenzwoche 2021 geht zu Ende und aus unerklärlichen Gründen gibt es zum Abschluss eine Late Night Show, die noch vor der Tagesschau startet. Wie funktioniert dann so eine verkrampfte und verfrühte Uni-Late-Night-Show?

Naja, mit schlechten selbstreferentiellen Gags und dem großen „Und dann...“. „Und dann spielt Moritz Constantin immer wieder Musik-Intermezzos“, komisch, ist das der korrekte Plural? Egal! Bloß nicht so akademisch werden, soll ja keiner bemerken, dass sich das alles anscheinend an einer Universität abspielt. Farina und Cornelius - die Namen muss man sich eigentlich nicht merken - lesen zu Beginn von einer Moderationskarte ab, dass der Abend total locker und improvisiert wird. Na dann, auf ins Verderben.

Moderiert wird hinter einem Tisch oder was auch immer diese Bretterkonstruktion darstellen soll. Auf einer Nebenbühne sitzen zwei verlorene Seelen, die als „Jury“ angesprochen werden, wenn sie aus Versehen im Bild erscheinen. Eine dieser Seelen ist Matthias Barth, dessen Name verspricht Konflikt, der nicht eintritt – schade. Die andere Seele kennt man irgendwie auch aus dem ersten Semester.

„Die Jury“ findet aber ihre Anwesenheitsberechtigung in der Auszeichnung und Verleihung des Salzkristalls, „die Oscars von Lüneburg“.

„Die Jury“ ©Screenshot - https://www.youtube.com/watch?v=-GKiJMDXWok
„Die Jury“

Apropos Oscars: Was macht denn die Abendgarderobe? Fünfzig Prozent des Moderationsteams haben sich für den Konfirmationsanzug entschieden, die anderen fünfzig für was Grünes.

Es braucht jetzt Dynamik auf der Bühne, Gäste! Auftritt Mitra Kassai, die in einer kitschigen College-Jacke älteren Menschen, die sie als „Senioren und Senioritas“ bezeichnet, bei Einsamkeit und Armut helfen möchte. Aufgedreht wie das Duracell-Häschen erzählt sie – mithilfe unzähliger Anglizismen, die sich auch gerne mit dem Deutschen vermischen – von ihrem Projekt: Menschen, Tanzen, Clubs, Apps, Butterkuchen und Eierlikör. Die Armen. Sie muss nach dem Gerede auch entsetzt feststellen, dass der Sekt in der angeblichen Late Night alkoholfrei, also angeblicher Sekt ist. Vielleicht ist das die Zutat, die fehlt.

Aber es muss ja weitergehen. Also wird ein Quiz gespielt. Farina zerläuft die Moderation dessen so schnell, dass Cornelius etwas Zeit braucht, um in guter alter Thommy-Gottschalk-Manier zu retten.

Nun wird der erste Salzkristall verliehen, also das ist diesmal kein echter Kristall, sondern eine hässliche Grafik und ein Magazin-Abo – wegen Corona. Hätte man den nicht per Post schicken können? Alles sei auf jeden Fall ganz klasse und wohl auch beeindruckend, gerade im ersten Semester, so online.

Mitra Kassai in Collegejackengrün ©Screenshot - https://www.youtube.com/watch?v=-GKiJMDXWok
Mitra Kassai in Collegejackengrün

„Farina, die Getränke, greif zu!“ - „Joa“, gut, Gottschalk muss er doch noch üben.

Das vorgestellte Projekt ist schnell vergessen, Zeit, dass neue Gäste auf die Bühne kommen. Auch das mittlere Management der Universität in Gestalt von Steffi Hobuß und Sven Prien Ribcke ist sich nicht zu schade, an diesem gestreamten Wirrwarr aus Talk- und Gameshow teilzunehmen. Was waren denn so deren Highlights? Natürlich kommt auch hier kein Resümee ohne die Floskel „besondere Zeiten“ aus. Jetzt wird tatsächlich kurz über Streit und Diskussion als roter Faden der letzten Tage gesprochen. Das klingt offensichtlich zu sehr nach Bildung, deshalb erstmal die „Whisper Challenge“, Hilfe, was ist das denn? Wird da gerade ganz schlecht Jimmy Fallon kopiert? Anscheinend.

Ab jetzt zieht sich alles ins Unendliche: Noch ein -–wie gesagt, kein echter – Kristall, irgendein zusätzlicher Preis, die angesetzten fünfundsiebzig Minuten sind weit überschritten, kann das nicht einfach aufhören?

Matthias Barth wird in einer angeblichen Sentimentalität verabschiedet, Grüße eingespielt, denn er wird irgendwo Hochschulpräsident. Glückwunsch. Dass er wenig bis nichts zu dem Ganzen sagt, fasst die Stimmung gut zusammen. Jetzt kommt auch noch Vize-Präsident Brei dazu, der ebenfalls Titanic-artig betont, dass auf dem gerade untergehenden Schiff namens digitale Konferenzwoche alles super sei.

Dann endlich die langersehnte Abmoderation: Es ist geschafft! Lob, Dank, Anerkennung, Abspann, Gute Nacht und die Hoffnung, dass man nächstes Jahr am Freitagabend was Besseres zu tun hat.

Immerhin haben sie es nicht auf Englisch probiert.