Zukunftsorintiert und diskursoffen? - Gäst:innen bei der Konferenzwoche 2021

Ein Kommentar von Teresa Ulbrich

Die Leuphana ist eine zukunftsorientierte, nachhaltig-denkende Uni. Doch wie schlägt sich diese Haltung bei der Gäst:innenauswahl der Konferenzwoche nieder?

Vizekanzler Olaf Scholz sorgte 2020 für Kontroversen. Wie ist es in diesem Jahr? ©CELINA BERTRAMS
Vizekanzler Olaf Scholz sorgte 2020 für Kontroversen. Wie ist es in diesem Jahr?

Die erste digitale Konferenzwoche der Leuphana neigt sich dem Ende zu. Sie bietet auch in diesem Jahr den rund 1.500 Studierenden, die nun teilweise am Ende ihres ersten Semesters stehen, die Möglichkeit, ihr eigenes Studium von Beginn an mitzugestalten. In dieser Zeit legt ihnen die Leuphana vor allem ans Herz, dass man hinterfragen solle, wo es etwas zu hinterfragen gibt. Feststehendes hinterfragen lernen. Da gehört es dazu, auch die Gäste:innen-Auswahl der diesjährigen Konferenzwoche zu hinterfragen.

Was ist zu kritisieren?

Die Leuphana hat vier Fakultäten: Bildung, Wissenschaft, Kulturwissenschaften sowie Nachhaltigkeit. Demnach schreibt sie Themen wie Umweltschutz, politisches Engagement und Fortschritt groß. Wenn das die Werte der Leuphana sind und die Studis gelehrt wird, nichts für bare Münze zu nehmen, wirft die Gäst:innenauswahl doch einige Fragen auf.

Wurde bei der Konferenzwoche genug Raum geschaffen, kontroverse Meinungen für kontroverse Diskussionen zuzulassen? 2019 beispielsweise musste sich die ehemalige Bundesjustizministerin Katarina Barley den Fragen der Studierenden im Audimax der Leuphana stellen.

2020 kam der voraussichtlich künftige Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Zwei Stunden lang entwickelte sich eine hitzige Diskussion, bei der Schilder hochgehalten wurden. Scholz zweifelte im Gespräch mit den Studierenden beispielsweise das bedingungslose Grundeinkommen an: „Das halte ich für Neo-Liberalismus (…) das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens beinhaltet, dass man sich um einen Teil der Bürger nicht kümmert.“

In 2021 hingegen fanden hauptsächlich links-grüne Redner:innen ihren Weg vor die coronakonformen, heimischen Bildschirme. Von ein paar Ausnahmen abgesehen, hauptsächlich Menschen, mit deren Gedanken sich die Uni ohnehin identifizieren kann. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Richard David Precht und Maja Göpel mit Honorarprofessur an der Leuphana lehren. Wie können die Gäst:innen dieser argumentativen Harmonie-Atmosphäre neue Impulse für sich und ihr Tun mit nach Hause nehmen?

Linda Zervakis sagte 2019, sie könne sich nach ihrer Diskussionsrunde an der Leuphana vorstellen, nachhaltige Themen noch besser in der Tagesschau zu integrieren. Ein Format, das viele Menschen erreicht. Es war vor zwei Jahren zu vernehmen, dass ihr tatsächlich viele Aspekte neu waren.

Die Leuphana ist eine Bubble

Betrachtet man die Auswahl der letzten Jahre, so wurden dort hauptsächlich Menschen mit einem starken Nachhaltigkeitsschwerpunkt eingeladen, wie zum Beispiel Luisa Neubauer von Fridays for Future oder Vertreter:innen von Viva con Agua. Polarisierende Gäste wie Olaf Scholz oder Katarina Barley könnten dazu beitragen, dass ein vielseitigerer Diskurs entsteht. Begegnungen wie diese könnten auch dafür sorgen, dass Gäst:innen wie Neubauer wieder besonderer werden.

Abgesehen von der Teil-Einseitigkeit, stellt sich noch die Frage, wie innovativ es ist, Gäst:innen zu haben, die schon seit Jahren zur Konferenzwoche kommen? Ein Beispiel wären Richard David Precht oder der Architekt Van Bo Le-Mentzel.

Das soll allerdings nicht heißen, dass die Auswahl per se einseitig ist. Die Gäst:innen lieferten wertvolle Beiträge zum Ende des ersten Semesters. Auch bedeutet das nicht, dass es nicht die ein oder andere kritische Frage beziehungsweise Diskussion gab. Allerdings werden viele wichtige Themen den Kontext der Uni möglicherweise nicht verlassen. Die Leuphana ist eine Bubble, innerhalb derer sich die Ideen und Inhalte, so auch die der Konferenzwoche, wieder reproduzieren. Obwohl es vielleicht wichtig wäre, manche über die Unigrenzen hinaus zu tragen.