Berufsbegleitende Qualifizierung: Wie das Projekt DEGREE Kompetenzlücken in Unternehmen entgegengeht
31.01.2022 Der Trend zu einer digitalen und nachhaltig orientierten Gesellschaft und Wirtschaft stellt unsere Arbeitswelt auf den Kopf: Viele der aktuell bestehenden Berufe werden künftig infolge des digitalen Wandels wegfallen, Funktionen sich verändern und Tätigkeiten entweder stark vereinfacht oder komplexer werden - die großen Herausforderungen der Gesellschaft verlangen anspruchsvolle neue Kompetenzen. Hier setzt das kürzlich gestartete Projekt DEGREE an und entwickelt digital studierbare Bildungsprogramme. Im Interview mit dem wissenschaftlichen Leiter Prof. Dr. Jörg Terhechte.
- Warum ist es für Unternehmen so wichtig diesen Paradigmenwechsel zu erkennen?
- Durch die Corona-Pandemie sind zentrale Branchen wie Handel und Tourismus stark in Mitleidenschaft gezogen worden – bis heute mit nicht absehbaren Folgen für die regionale Wirtschaft.Für Unternehmen, die nicht nachhaltig agieren, wird es immer schwieriger, im Markt zu bestehen. Der Handlungsdruck wird nun durch die andauernde Corona-Krise weiter verstärkt. Denn auch das Tempo der digitalen Entwicklungen hat noch einmal Wind aufgenommen. Wie wichtig gerade Digitalkompetenzen für Bildung und Arbeit sind, zeigt sich vor allem dann dort, wo sie fehlen. Vor Beginn der COVID-19-Pandemie standen 35 Prozent der Angebote digital zur Verfügung, heute sind es 54 Prozent. Dieser rasante Wandel der vergangenen Jahre stellt neue Anforderungen an künftig benötigte Kompetenzen.
- Wie schätzen Sie die Situation hier bei uns im Kreis Lüneburg ein?
- Gerade in Lüneburg mit unmittelbarer Nachbarschaft zur Wirtschaftsmetropole Hamburg können Weiterbildungsangebote, die Digital- und Nachhaltigkeitskompetenzen von Mitarbeitenden fördern, zu einem wichtigen Wettbewerbs- und Beschäftigungsfaktor werden. Der Druck sich zu verändern steigt stetig, aber bei vielen Unternehmen stockt die strategische Neuausrichtung. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen haben in diesem Bereich häufig größere Defizite und es ist eine große Herausforderung, den konkreten Kompetenzbedarf zu benennen und so eine passende Qualifizierungsstrategie einzuschlagen.
- Welche Kompetenzen und Skills können das sein?
- So konkret lässt sich das nicht sagen. Jedes Unternehmen sollte die für sie besonders wichtigen Future Skills identifizieren und mit den vorhandenen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter abgleichen. Eventuelle Kompetenzlücken müssen geschlossen werden. Das bedeutet nicht nur über neues Personal, aber vor allem durch Qualifizierungen der Beschäftigten. Nur so können Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Die Zukunftsthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind dabei von branchenübergreifender Relevanz, so dass Weiterbildungen in diesen Bereichen für jedes Unternehmen in naher Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. Unternehmen sollten dabei nicht alleine agieren müssen – durch Kooperationen mit Hochschulen und weiteren Akteuren kann das Weiterbildungssystem erweitert werden. Natürlich spielt auch die Politik eine große Rolle. So war ich sehr erfreut darüber als Kanzler Olaf Scholz in seiner ersten Regierungsbefragung angab, dass das Thema Bildung und Weiterbildung auch für ihn von zentraler Bedeutung ist.
- Wie geht die Leuphana Professional auf diese Veränderungen in der Arbeitswelt ein?
- Das ist ein fortlaufender Prozess. Auch wir müssen mitziehen, Trends erkennen und entsprechende Angebote für berufsbegleitende Studierende passgenau erstellen. Zum Beispiel: Laut einer Umfrage werden bis 2026 mehr als 780.000 Experten in den Bereichen Data Analytics, KI bis hin zu Hardware-/Robotik-Entwicklung benötigt. An der Leuphana Professional School bieten wir mit neuen Studiengängen und Zertifikaten, wie z.B. Data Science und Data Analytics entsprechende Formate an, um diesen rasant zunehmenden Bedarf an Personen mit technologischen Kompetenzen entgegen zu steuern. Neben diesen technologischen Kompetenzen wächst auch der Bedarf an weiteren Future Skills. Das können klassische Kompetenzen, digitale Schlüsselkompetenzen oder transformative Kompetenzen sein. Besonders transformative Kompetenzen rücken immer mehr in den Fokus um gesellschaftliche Veränderungen, wie Klimawandel, Digitalisierung und Nachhaltigkeit, gestalten zu können.
- Weiterbildung also als Offensive?
- Arbeit wird mehr denn je auf Wissen, statt auf Leistung basieren. Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, bedarf es einer langfristig nachhaltig ausgerichteten Qualifizierungs- und Weiterbildungsstrategie. Wir von der Leuphana Professional School sind sehr dankbar, dass wir aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und durch das Land Niedersachsen gefördert werden und Unternehmen mit passenden Weiterbildungsangebote helfen und durch diesen Wandel begleiten dürfen. So werden bei unserem kürzlich gestarteten Projektvorhaben „DEGREE – Digital Economical Green“ digitale Zertifikatsstudien im Zukunftsfeld „Green Economy“ entwickelt und mit überwiegend digitalen Serviceangeboten eng verzahnt werden. Vernetzung und Wissenstransfer, Dialog und Austausch, aber auch ökologische Kompetenzen und soziale Verantwortung sind dabei die neuen, prägenden Future Skills.
- Das Interview führte Marie Sophie Sentker.